Erschienen am 29.11. 2016 auf heute.de
Weltmesse in Düsseldorf
Alumimium-Recycling: Ja, aber ...
Aluminium ist Teil unserer Konsumwelt. Seine vielseitigen Eigenschaften machen es zum perfekten Material für bunte Verpackungen. Außerdem lässt es sich gut recyceln und schont so Ressourcen – so das Credo der Aluminiumindustrie, die jetzt in Düsseldorf ihre Produkte präsentiert. Aber stimmt das auch?
Die Deutsche Aluminium Verpackung Recycling GmbH (DAVR) gibt an, dass fast 90 Prozent aller Aluminiumverpackungen in Deutschland wiederverwertet werden. Das klingt sehr gut – vielleicht zu gut? Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kann die hohen Recyclingquoten nämlich nicht nachvollziehen.
Philipp Sommer, Experte für Kreislaufwirtschaft bei der DUH, macht eine ganz andere Rechnung auf: „Nach unserer Ansicht sind diese Zahlen extrem schön gerechnet. Wir gehen davon aus, dass höchstens 50 Prozent aller aluminiumhaltigen Verpackungen überhaupt getrennt erfasst werden.
"Dem Alu-Kreislauf entzogen"
Ein großer Teil landet im Restmüll und nicht ordnungsgemäß im Gelben Sack. Ein weiterer Teil wird in der Sortieranlage, wo der Inhalt der Gelben Säcke nach Material getrennt wird, nicht richtig erkannt und ist damit dem Aluminium-Kreislauf entzogen.“
Ein weiteres Problem bei den hohen Recyclingquoten liegt in der statistischen Erfassung selbst. Denn alle aluminiumhaltigen Verpackungen, die in einer Sortieranlage erfasst und in die so genannte Aluminiumfraktion überführt werden, gelten bereits als recycelt. Der Haken: Zu diesem Zeitpunkt verstecken sich darin noch rund 40 Prozent anderer Stoffe. Das können Essensrückstände sein, aber auch falsche Sortierungen oder Materialverbunde.
Die große Recycling-Lüge
Philipp Sommer nennt als Beispiel den Joghurtbecher: „Der Deckel ist aus beschichtetem Aluminium, der Becher selbst aus Kunststoff. Der Becher gelangt aber als Ganzes in die Aluminiumfraktion und zählt damit offiziell als wiederverwertet. Anderes Beispiel: Ein Getränkekarton kommt bei der Sortierung in die Fraktion für Getränkekartons. Die eingearbeitete Aluminiumfolie kann dort nicht mehr sortenrein zurückgewonnen werden, gilt aber trotzdem als stofflich recycelt - das ist die große Recycling-Lüge.“
Um möglichst reines Aluminium zurückzugewinnen, wird aluhaltiger Abfall bei 500 Grad Celsius gebacken. Fremdstoffe wie Etiketten oder Inhaltsreste werden dabei verbrannt. „Dadurch kommen noch einmal 25 Prozent Verluste hinzu“, rechnet Sommer. „Wir errechnen daher bei Aluminiumverpackungen eine Recyclingquote von bestenfalls 37,5 statt der propagierten 90 Prozent.“
Recycling hat Grenzen
Um neues Aluminium zu gewinnen, wird in Ländern wie Australien oder Brasilien das Aluminiumerz Bauxit gefördert. Umweltschützer kritisieren, dass dabei ganze Landstriche verwüstet werden. Rekultivierungen ehemaliger Abbaugebiete dauern Jahre oder gar Jahrzehnte.
Da die Herstellung von neuem Aluminium außerdem 95 Prozent mehr Energie benötigt als Recycling, ist Wiederverwertung wirtschaftlich und ökologisch geboten. Aber gerade bei Verpackungen tut sich laut Sommer ein weiteres gravierendes Problem auf: „Für die meisten Verpackungen, wie zum Beispiel die Kaffeekapseln, benötigt man sehr reines Aluminium. Nur mit hochwertigem Aluminium, das kaum mit anderen Metallen verunreinigt ist, kann man immer leichtere, aber trotzdem stabile Verpackungen herstellen.“
Mehrweg ist der Weg
Das gilt auch für die Getränkedose, die gerade ein Comeback erlebt. Im letzten Jahr wurden bereits über zwei Milliarden Dosen verkauft, Tendenz steigend. Aus Sicht der DUH sind das keine guten Nachrichten. „Aluminium- und Getränkedosenverbände verbreiten viel Unwissen. In der Theorie mag Aluminium unendlich recycelbar sein. Es wird dabei verschwiegen, dass Aluminium-Verpackungen nahezu immer aus Neumaterial hergestellt werden.
Das recycelte Aluminium aus Verpackungen wird nicht erneut für Verpackungen, sondern für andere Produkte verwendet, die mit einer weniger reinen Legierung auskommen. Weltweit liegt der Recyclinganteil bei Aluminium bei etwa einem Drittel – bei Verpackungen jedoch bei nahe null Prozent.“
Um tatsächlich bessere Quoten zu erreichen, sei es wichtig, Abfall konsequenter zu trennen. Der Verbraucher ist also gefragt, Aluminium gehört in den Gelben Sack, nicht in den Restmüll oder gar Biomüll. Dort nämlich landen zum Beispiel Kaffeekapseln allzu oft. Sommer plädiert außerdem dafür, weniger Verbundmaterialien zu verwenden. „Vor allem sollten wir stärker auf Mehrweg-Verpackungen zum Beispiel aus Glas setzen. Aluminium hat zwar auch Vorteile, ist als Verpackung aber nicht unbedingt notwendig und sowohl aus Umwelt- als auch aus Gesundheitsgründen nicht zu empfehlen.“