Erschienen am 3.2. 2016 auf heute.de
Internationale Obstmesse
Bananen sind billig und ganz und gar nicht mehr exotisch: Schlappe 1,30 Euro kostet ein Kilo der "Allerwelts-Früchte" durchschnittlich. Doch unter der Erde, in den Bananenplantagen dieser Welt, tobt gerade ein biologischer Kampf, der dem ein Ende bereiten könnte.
Die krummen gelben Dinger haben es weit gebracht: Aus den Tropen kommend wurden sie zur zweitbeliebtesten Obstsorte der Deutschen nach dem Apfel und in Zeiten des Kalten Krieges sogar zum Sinnbild westlicher Freiheit schlechthin. Heute sind Bananen mit fast 20 Millionen Tonnen jährlich im Welthandel und 33 Milliarden Euro Umsatz ein globaler Exportschlager. Ein Pilz könnte dieser Erfolgsgeschichte ein jähes Ende bereiten.
Gegen TR4 hilft nicht einmal Chemie
In Berlin diskutieren Experten bei der Leitmesse Fruit Logistica über die Zukunft der Banane. Dabei dreht sich alles um Tropical Race 4 oder kurz TR4: So heißt der Feind, der die Bananenindustrie schon seit Jahren das Fürchten lehrt. Dahinter verbirgt sich ein Bodenpilz: "Fusarium oxysporum f. sp. cubense" nistet sich an den Wurzeln der Pflanzen ein und löst die heimtückische Panamakrankheit aus. Die Banane kann kein Wasser und keine Nährstoffe mehr aufnehmen und verwelkt schließlich. Hat sich der Pilz erst breit gemacht, überdauern seine Sporen jahrzehntelang im Boden.
TR4 verbreitet sich nicht durch die Luft, sondern über kontaminierte Erde oder Pflanzenteile. Ende der 1990er tauchte der Pilz in Taiwan auf, bald darauf in Indonesien, Malaysia und Australien. Zuletzt hat TR4 in den Philippinen und China Tausende Hektar Anbaufläche vernichtet und inzwischen auch Pakistan, Oman, den Libanon und Mosambik erreicht. Nur Lateinamerika, wichtigster Lieferant für den Weltmarkt, blieb bislang verschont.
Ein wirksames Mittel gegen TR4 gibt es bislang nicht. Glaubt man Andreas Bürkert, wird es das auch nicht geben: "Den Pilz bekommen wir nicht weg, da haben wir keine Chance", so der Agrarökologe von der Uni Kassel. "Selbst wenn es ein effektives Mittel gäbe, könnte TR4 mutieren und die hohen Entwicklungskosten für ein Fungizid schnell wieder zunichtemachen." Bürkert, Professor für Ökologischen Pflanzenbau und Agrarökosystemforschung in den Tropen und Subtropen, setzt stattdessen auf mehr Biodiversität als wirksamen Schutz gegen Krankheiten.
Monokulturen machen die Bananen anfällig
Ausgerechnet ihre große Beliebtheit könnte der Supermarkt-Banane zum Verhängnis werden. Um die enorme weltweite Nachfrage nach möglichst billigen Bananen überhaupt decken zu können, hat die Bananenindustrie ihre gesamte Infrastruktur auf eine einzige Sorte ausgerichtet: Die Cavendish dominiert mit 95 Prozent Anteil den Welthandel, in Deutschland sind es fast 100 Prozent. Noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts war die Sorte Gros Michel vorherrschend – bis sie von Tropical Race 1 (TR1), einer früheren Form der Panamakrankheit, ausgelöscht wurde. Nun könnte sich diese Geschichte also wiederholen.
Der Bananenanbau in Monokulturen unter hohem Einsatz von Pestiziden gefährdet nicht nur die Arbeiter in den Plantagen und die Umwelt, sondern erleichtert auch die Ausbreitung von Krankheiten und Schädlingen. Hinzu kommt, dass sich die Cavendish ungeschlechtlich durch Schösslinge vermehrt - alle Supermarkt-Bananen sind also genetisch identisch. Auch das begünstigt die Verbreitung der Krankheit. Die Welternährungsorganisation FAO will mit einer globalen Aufklärungskampagne gegensteuern und empfiehlt außerdem, weniger in Monokulturen anzubauen.
Hoffnung auf die "Umq Bir-Banane"
Andreas Bürkert arbeitet derweil an der Banane der Zukunft. Auf der Suche nach alten Sorten hat der Wissenschaftler schon vor einigen Jahren im Oman eine Banane entdeckt, deren erstaunliche Fähigkeiten zur Lösung der aktuellen Krise beitragen könnten: Die "Umq Bir-Banane" verfügt über einen Abwehrmechanismus, der sie gegen den Bananenrüsselkäfer immun macht. "Im Moment prüfen wir, ob die 'Umq Bir-Banane' gegen TR4 soweit tolerant ist, dass ihre Eigenschaften genutzt werden könnten, um den Krankheitsdruck auf die Cavendish zu verringern", so Bürkert.
"Die Bananen-Industrie hätte gerne eine Banane mit dem Aussehen und den anderen positiven Eigenschaften der Cavendish, weil sich damit viel Geld verdienen lässt. Aber wie ähnlich die Bananensorte der Zukunft der "Umq Bir-Banane" sein wird, lässt sich im Augenblick nicht sagen.“ Gut möglich, dass sich Verbraucher auf ein ganz anderes Bananenerlebnis einstellen müssen, denn die Umq Bir ähnelt der Cavendish nur äußerlich: „Die Oman-Banane riecht und schmeckt tatsächlich ein bisschen wie ein frischer Apfel“, so Bürkert.
In Südamerika droht eine soziale Katastrophe
Auf die Preise hierzulande wirkt sich die grassierende Krankheit bislang noch nicht aus. Aber sollte TR4 in Südamerika Fuß fassen, wo mit Ecuador, Kolumbien, Costa Rica und Panama die bedeutendsten Exportländer liegen, könnte das Ende der Cavendish eingeläutet werden. Verbraucher hierzulande müssten dann deutlich mehr für Bananen bezahlen. Für viele Kleinbauern in Südamerika, deren Lebensgrundlage von der Banane abhängt, könnte ein Übergreifen der Krankheit zur sozialen Katastrophe werden.
Andreas Bürkert befürchtet, dass es nicht mehr lange dauern wird. "Die Maßnahmen der FAO zur Eindämmung von TR4 sind zwar sinnvoll, aber ob sie ausreichen, scheint angesichts der Globalisierung des Verkehrs eher fraglich. Eine Attacke der Krankheit auf die kanarischen Inseln, wo auch Bananen angebaut werden, wäre zwar lokal schwerwiegend, aber weltweit betrachtet nicht so dramatisch, brächte TR 4 aber näher an Südamerika heran. Ich glaube, der Quarantäne-Gürtel rund um Südamerika ist nicht eng genug."