Erschienen am 21.3. 2014 auf heute.de
Bio-Produkte sind gefragt wie noch nie, der Umsatz ist 2013 nochmals kräftig gestiegen. Für die Landwirte ist trotzdem nicht alles im grünen Bereich: Hohe Kosten und ausländische Konkurrenz bringen einige dazu aufzugeben.
Biobauer Marten Koch hat die Kurve gekriegt. Eine Zeit lang sah es für den Öko-Pionier so aus, als müsste er den 1972 gegründeten väterlichen Hof in der Lüneburger Heide aufgeben. Obwohl sich
Bio-Lebensmittel bei den Konsumenten immer größerer Beliebtheit erfreuen, kehren jährlich etwa fünf Prozent der Betriebe der ökologischen Landwirtschaft den Rücken.
Rund 7,55 Milliarden Euro gaben die Deutschen 2013 für Bio-Lebensmittel und Bio-Getränke aus, eine halbe Milliarde mehr als 2012. Bio ist für viele Menschen zu einem Lebensstil geworden. Das haben auch die großen Supermärkte erkannt, die immer mehr Bio-Produkte in ihr Sortiment aufnehmen.Für Marten Koch liegt darin ein Hauptgrund für die Krise, denn für viele Verbraucher zählt vor allem eins: Bio oder nicht - Hauptsache billig! Der gnadenlose Preiskampf in Supermärkten und Discountern trifft so auch viele Öko-Produzenten. "Lebensmittel kosten in Deutschland viel zu wenig Geld, viele Menschen wissen einfach nicht mehr, wie viel Arbeit hinter ihrer Herstellung steckt“, sagt Koch. "Davon sind Bio-Lebensmittel besonders betroffen, weil die Herstellungskosten sehr viel höher sind.“
Bio-Bauern geben aus Kostengründen auf
Eine Studie des Thünen-Instituts von 2013 bestätigt, dass Bio-Landwirte überwiegend aus finanziellen Gründen entweder zur konventionellen Landwirtschaft zurückkehren oder ganz aufgeben. Zu wenig Einnahmen, um über die Runden zu kommen, zu hohe Kosten für Bio-Zertifikate, Kontrollen und Futter, das bei Kühen und Schafen zu hundert Prozent bio sein muss.Zum Anfang des Jahres verschärfte die EU zudem die Regeln für Tierhalter: Die bislang als Ausnahmeregelung für kleine Höfe zulässige "Anbindehaltung" ist in der biologischen Landwirtschaft jetzt verboten. Der notwendige Umbau der Ställe rechnet sich für viele Bauern nicht. Zumal der Milchpreis generell zu niedrig sei, wie Marten Koch findet: "Milch ist billiger als Wasser – das kann es doch nicht sein!“
Bio-Umsatz wächst, Bio-Einkommen fällt
Erstmals seit vielen Jahren lag das durchschnittliche Einkommen von Öko-Betrieben im vergangenen Jahr unter dem vergleichbarer konventioneller Betriebe - und das deutlich mit rund sechs Prozent. Das liegt auch daran, dass sich die Preise für konventionell und ökologisch produziertes Getreide weiter angenähert haben. Der Anbau von Energiepflanzen rechnet sich da aufgrund der üppigen Fördermittel schon eher. Mancher Biobauer steigt deshalb auf Raps oder Mais um. Während der Bio-Umsatz in Deutschland im vergangenen Jahr um 7,2 Prozent gewachsen ist, nahm die Zahl der Betriebe nur um zwei Prozent, die bewirtschaftete Fläche um ein Prozent zu. Um die wachsende Nachfrage an Bio-Produkten überhaupt noch decken zu können, werden immer mehr Bio-Lebensmittel importiert, etwa aus China oder Ägypten. Auch diese wachsende Konkurrenz aus dem Ausland macht hiesigen Bio-Bauern das Leben schwer.
Was ist mir die Zukunft wert?
Aufgeben kommt für Marten Koch trotzdem nicht in Frage. Biobauer ist er in erster Linie aus Überzeugung, nicht aus finanziellen Überlegungen. Seine Kunden auf dem Wochenmarkt, die sich manchmal über die hohen Preise beschweren, möchte er besser informieren. "Bio muss einen ganz anderen Stellenwert erhalten. Es geht dabei ja auch um den Schutz lebenserhaltender Systeme. Deshalb sollten wir uns beim Einkaufen auch fragen: Was ist es mir wert, dass meine Kinder und Enkelkinder auf dieser Erde auch noch leben können?“