Erschienen am 4.8.2014 auf heute.de:
In Restaurants, Großküchen und bei Veranstaltungen landen - im Vergleich zu privaten Haushalten - besonders viele Lebensmittel im Müll. Flexible Portionsgrößen und mengenabhängige Preise könnten das eindämmen.
Zu viele Nahrungsmittel, die eigentlich noch genießbar sind, landen im Abfall. Das ist hinlänglich bekannt, ebenso wie die damit einhergehende Verschwendung von Ackerland und Wasser und die unnötige Umweltbelastung durch Treibhausgase, Pestizide und Dünger. Das Umweltbundesamt (UBA) untersucht derzeit, wo die meisten Lebensmittelabfälle entstehen und wie diese Verluste reduziert werden könnten.
Größte Verluste in der Landwirtschaft
Erste Ergebnisse der Studie: Die größten Verluste fallen schon in der Landwirtschaft, also bei Anbau und Ernte von Obst, Gemüse und Getreide an. Auf dem zweiten Platz folgt der Verbrauch von Lebensmitteln. Dabei zeigt sich, dass die Verschwendung vor allem im sogenannten "Außer-Haus-Konsum" dramatische Dimensionen erreicht: Von allen Lebensmitteln, die in Restaurants, Großküchen und bei Veranstaltungen bereitgehalten werden, landen 44 Prozent vorzeitig im Müll. In privaten Haushalten sind es hingegen nur 17 Prozent.
Ralf Rauschenplat kennt dieses Problem besser als ihm lieb ist: Seit mehr als 30 Jahren ist der Geschäftsführer der Ebernburg in Bad Münster am Stein in der Gastronomie tätig. Verschwendung von Nahrungsmitteln ist dem gelernten Koch ein Dorn im Auge: "Eigentlich benutze ich den Begriff Sünde nicht", sagt Rauschenplat. "Aber Lebensmittel wegzuschmeißen, die noch völlig in Ordnung sind, halte ich für eine Sünde."
Essensreste werden zu Biogas, Strom und Wärme
Dennoch bleibt ihm und seinen Kollegen oft nichts anderes übrig: "Anders als in einem privaten Haushalt können wir Lebensmittel, die einmal auf dem Tisch gestanden haben, natürlich keinem anderen Gast mehr servieren." Das schließt schon die Hygieneverordnung aus. Auch die Verfütterung an Schweine ist wegen der Seuchengefahr seit zwei Jahren nicht mehr erlaubt. "Vor 30 Jahren hätte man aus dem Weißbrot, das in die Küche zurückkommt, noch 'Arme Ritter' machen können", erinnert sich Rauschenplat. Heute werden die Essensreste der Ebernburg von einem Entsorgungsbetrieb abgeholt und in Biogas, Strom und Wärme umgewandelt.
Die Haftungs- und Hygienevorschriften zu lockern, könnte zwar ein Ansatz sein, um Lebensmittelabfälle zu verringern. Angesichts der Anforderung einer möglichst hohen Sicherheit von Nahrungsmitteln dürfte es dabei jedoch wenig Spielraum geben. Andere Möglichkeiten sieht das Umweltbundesamt im Abbau von Handelsnormen für Aussehen und Form von Nahrungsmitteln, die unnötigerweise zu Lebensmittelabfällen führen. Auch flexible Portionsgrößen und mengenabhängige Preise in Kantinen oder Restaurants sowie eine bessere Schulung des Personals könnten die Abfallberge verkleinern.
Um schon von vornherein möglichst umweltschonend zu arbeiten, setzt Ralf Rauschenplat in der Ebernburg auf regionale Produkte. "Unser Fleisch ist zu 100 Prozent aus der Region. Und wir achten streng auf die Bedingungen, unter denen es produziert wird", betont der 61-Jährige. "Das ist zwar etwas teurer, aber man hat ein gutes Gewissen bei dem, was man verkauft."
Erstes "Null-Abfall-Restaurant"
In Großbritannien geht Douglas McMaster noch einige Schritte weiter: Im September eröffnet der Starkoch in Brighton das erste "Null-Abfall-Restaurant". Möglich machen soll das die konsequente regionale Vernetzung mit Produzenten, durch die auch Verpackungen vermieden werden. Auch die hauseigene Herstellung von Lebensmitteln wie Joghurt, Essig oder Pilzen verbessert die Ökobilanz. Die dennoch unvermeidlichen Lebensmittelreste werden in einem hochmodernen Kompostiergerät recycelt und landen als Dünger wieder auf dem Acker. Ganz nach dem Motto: Die Natur kennt keine Verschwendung.
04.08.2014