Erschienen am 16.9.2014 auf heute.de:
Es gibt sie noch, die guten Geschichten: Knapp 30 Jahre nach seiner Entdeckung beginnt das Ozonloch in der Atmosphäre sich zu schließen. Der Erfolg ist ein Meilenstein in der Geschichte des Umweltschutzes.
Vor Kurzem noch war das Ozonloch ein Synonym für Umweltzerstörung, für manche gar ein Fanal für das nahe Ende der Menschheit. Heute, 29 Jahre nachdem es als bedrohlicher blauer Fleck auf Satellitenbildern erstmals Gestalt angenommen hatte, beginnt es allmählich sich zu schließen. Dem jüngsten Bericht der UN-Organisationen für Meteorologie (WOM) und Umwelt (UNEP) zufolge könnte es schon Mitte des Jahrhunderts Geschichte sein.
Rückblick: Am 16. September 1987 unterzeichneten 197 Staaten das Montreal-Protokoll, um den Ausstoß von Fluorchlorkohlenwasserstoffen - kurz FCKW - in die Atmosphäre zu unterbinden. Wissenschaftler hatten nachgewiesen, dass die Chloratome aus chemischen Verbindungen, die als Treib- und Kühlmittel genutzt wurden, in der Stratosphäre Ozonmoleküle zerstören. Diese wiederum filtern Ultraviolettstrahlen aus dem Sonnenlicht und schützen so das Leben auf der Erde.
UN: Ozon-Protokoll verhinderte Hautkrebs
"Die Gefahr war definitiv real", sagt Martin Riese. Der Leiter des Jülicher Instituts für Energie- und Klimaforschung war gemeinsam mit 300 anderen Wissenschaftlern am UN-Ozonschicht-Bericht beteiligt. "Heute wissen wir, dass ein ungebremster Anstieg der FCKWs schon heute und erst recht in den kommenden Jahrzehnten schwere Schäden an der Ozonschicht mit ernsten Folgen für Pflanzen, Tiere und Menschen gehabt hätte", urteilt der Professor. Die UN-Organisationen gehen davon aus, dass das Montreal-Protokoll bis 2030 jedes Jahr zwei Millionen Fälle von Hautkrebs verhindere.
In Zeiten zäher Klimagipfel zeigt diese gute Nachricht, dass der Mensch durchaus in der Lage ist, seine Fehler zu erkennen und zu beheben. Riese ist deshalb überzeugt, dass die Staatengemeinschaft auch beim Ausstoß klimaschädlicher Gase wie CO2 Fortschritte erzielen könne. Doch eine Verringerung dieser Emissionen ist weitaus komplizierter. Energieproduktion, Verkehr, Landwirtschaft - nahezu alle Lebensbereiche des Menschen sind davon betroffen.
Einfluss auf den Klimawandel?
"Die Diskussion der Ozonproblematik begann früher und das Problem war enger eingegrenzt. Es gab wenige betroffene Industriesektoren und die Aussicht auf eine schnelle Einführung von Ersatzstoffen", sagt Riese. Anstelle von FCKW-basierten Treibgasen werden heute meist Propan oder Butan verwendet, die auch als Kältemittel eingesetzt werden können. Nachteil: Die verflüssigten Gase sind leicht entzündlich.
Die Jülicher Forscher beschäftigen sich unter anderem mit der Frage, wie sich Ozonschicht und Klimawandel wechselseitig beeinflussen. "Die zukünftige Entwicklung der Ozonschicht wird vom Klimawandel beeinflusst, umgekehrt hat das Ozonloch einen Einfluss auf Klima und Wetter", so Rieses Kollege Rolf Müller, der ebenfalls am UN-Report mitgewirkt hat. "Insbesondere in der Südhemisphäre konnten Wetteränderungen in den bodennahen Atmosphärenschichten eindeutig auf die Ozonzerstörung in der Stratosphäre zurückgeführt werden." Die Erholung der Ozonschicht werde dabei zwar vom Klimawandel moduliert, jedoch nicht grundsätzlich in Frage gestellt.
Martin Riese kann sich noch an die Aussagen von Journalisten in den frühen 90er Jahren erinnern: "Die Ozonschicht ist nicht mehr zu retten“ hieß es damals. Oder: "Das Montreal-Abkommen ist nur eine Sterbehilfe für die Ozonschicht." Mit dem Wissen von heute mögen solche Ängste übertrieben oder hysterisch erscheinen. Doch es gibt genug zu tun: Der Erfolg beim Schutz der Ozonschicht könnte auch als Anlass dienen, dem weitaus schwierigeren Kampf gegen den Klimawandel neues Leben einzuhauchen.