Erschienen am 10.7.2015 auf heute.de

 

Verbot von Pelztierhaltung

 

Habeck: Zeit, dem Elend ein Ende zu setzen

 

Die Bundesländer wollen die Haltung von Pelztieren langfristig verbieten lassen. Der Bundesrat stimmte für eine Tierschutz-Initiative aus Schleswig-Holstein. Dessen Umweltminister betont im heute.de-Interview, es gebe kein Grundrecht "auf Pelzmäntel oder Cabrios oder schöne Jachten". 

 

heute.de: Warum kann es kein "Grundrecht auf Pelz" geben?

 

Robert Habeck: Grundrecht auf Pelz? Grundrechte sind die Würde des Menschen, Meinungs- und Pressefreiheit, Religionsfreiheit – alles im Grundgesetz festgeschrieben und Grundfeste unseres Staates und Zusammenlebens. Ein Grundrecht auf Pelzmäntel oder Cabrios oder schöne Jachten finde ich da nicht. Aber im Grundgesetz ist der Tierschutz verankert. Und im Tierschutzgesetz steht klar, dass kein Tier ohne vernünftigen Grund getötet werden darf. Es ist also weder mit dem Grundgesetz, noch mit dem Tierschutzgesetz vereinbar, Tiere allein deshalb zu halten und zu töten, um sich in Pelz zu kleiden. Und ethisch ohnehin nicht.

 

heute.de: Was bringt ein Pelztierverbot konkret für den Tierschutz? In Deutschland gibt es nur noch acht Nerzfarmen – wie viele Tiere sterben weniger durch ein Verbot?

 

Habeck: Wir wollen, dass kein Tier mehr in Nerzfarmen getötet werden darf. Es würden also 100 Prozent weniger Tiere in Nerzfarmen sterben.

 

heute.de: Ist es nicht auch einseitiger Tierschutz? Was ist zum Beispiel mit den Haustieren - meist Hunde und Katzen - die vor allem in China unter dramatischen Bedingungen "produziert" werden? Das EU-Importverbot von 2009 ist ja kaum einzuhalten.

 

Habeck: Ist das nicht ein Argument, das Stillstand erzeugt? Weil es im nationalen Rahmen nicht ausreicht, den Tierschutz zu verbessern, macht man dann lieber nichts, weil es einseitig ist? Klar, es gibt auch in anderen Ländern elende Haltungen von Tieren und mit Sicherheit an allen Enden Verbesserungsbedarf. Aber wir wollen als Landesregierung Schleswig-Holsteins jetzt konkrete Verbesserungen in Deutschland erreichen. Das ist mit der Initiative unser Ansatz. Wir wären auch nicht das erste Land. Eine Reihe von europäischen Staaten haben die Pelztierhaltung inzwischen ganz oder teilweise verboten. Dazu gehören Österreich, Kroatien und England. Auch in den Niederlanden sollen bis 2024 alle Nerzfarmen geschlossen werden, ein entsprechendes Verbot für Chinchillas und Füchse gibt es dort schon seit 2008. Es wird daher Zeit, auch bei uns in Deutschland dem Elend insgesamt ein Ende zu setzen.

 

heute.de: Seit 2012 gilt EU-weit die Kennzeichnungspflicht für tierische Textilprodukte, die nur sehr halbherzig den Tierschutz fördert. Wäre eine Ausweitung wie zum Beispiel in der Schweiz, wo Produkte mit echtem Pelz genau gekennzeichnet werden müssen - und damit eine effizientere Kontrolle - nicht zielführender?

 

Habeck: Man kann das eine tun ohne das andere zu lassen. Ich bin ja nicht naiv. Tiere werden weiter für unsere Kleidung sterben. Aber das unnötigste Leiden sollten wir verbieten und nicht kennzeichnen.

 

heute.de: Warum unterstützen Sie nicht die Forderung der Tierschützer nach Aufnahme in den bundesweiten Überwachungsplan für Verbraucherprodukte des Bundesamtes für Verbraucherschutz? Damit wären Kontrollen gewährleistet.

 

Habeck: Das, was wir wollen, ist ja, dass die Haltung von Pelztieren verboten wird. Es geht also nicht um Kontrollen, sondern um ein Tötungsverbot von Nerzen, weil der vom Gesetzt geforderte vernünftige Grund aus unserer Sicht nicht gegeben ist. Gerade die Tierschützer haben diesen Vorstoß sehr begrüßt. Wenn die Argumente für die Kontrollen für eine Fortsetzung einer elenden Praxis herhalten sollen, sind es schlechte Argumente.

 

Das Interview führte André Madaus

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© André Madaus