Erschienen auf heute.de am 27.9. 2013:

Neuer Weltklimabericht

Schneller, höher, heißer

Jetzt liegt der erste Teil des fünften Weltklimaberichts auf dem Tisch. Von einer "Pause der Erderwärmung", die vorab von Klimaskeptikern verkündet wurde, ist darin keine Rede. Das Fazit der Forscher: Der Klimawandel geht umgebremst weiter. Der Meeresspiegel steige sogar schneller als erwartet.

Zwei Millionen Gigabyte Zahlenmaterial haben Klimaforscher in den letzten drei Jahren ausgewertet, dazu 9.200 Publikationen zum Klimawandel gesichtet. Insgesamt ist die Arbeit von mehr als 800 Wissenschaftlern in den ersten Teil des fünften Sachstandsberichts eingeflossen, den der Weltklimarat IPCC in Stockholm vorlegt.

 

"Die Situation hat sich in keiner Weise entspannt"

Um es gleich vorweg zu sagen: Grundlegend Neues wurde nicht verkündet. In Vorabmeldungen hieß es zwar, die Forscher hätten einen langsameren Anstieg der Erderwärmung in den letzten 15 Jahren gemessen. Das stimmt auch. Doch von einem Ende der globalen Erwärmung, wie es Klimaskeptiker voreilig verkündeten, ist dort nichts zu lesen - ganz im Gegenteil: "Die Situation hat sich in keiner Weise entspannt", betont Stefan Rahmstorf vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung: "Der IPCC stellt unter anderem eine Beschleunigung im Anstieg des Meeresspiegels fest und rechnet jetzt auch für die Zukunft mit einem wesentlich rascheren Anstieg, als noch im letzten Bericht."Von Entwarnung also keine Spur. Rahmstorf, einer der Leitautoren des letzten Berichts von 2007, verweist dabei auch auf das Rekordminimum der Meereis-Ausdehnung 2012 und die extremen Wetterphänomene der letzten zehn Jahre. Der etwas verlangsamte Temperaturanstieg hingegen liege "im Rauschen der natürlichen Schwankungen". Am langfristigen Trend zur Erwärmung habe sich hingegen nichts geändert.

 

Anstieg des Meeresspiegels um bis zu 97 Zentimeter

Ein Grund der Schwankungen könnte nach Meinung einiger Klimaforscher die Zunahme von Rußpartikeln aus Fabriken, Autos und Vulkanen in der Atmosphäre sein. Sie lassen weniger Sonnenstrahlen zur Erde durch und haben so einen kühlenden Effekt. Eine weitere Ursache liegt den Autoren des Berichts zufolge im Meer: Aufgrund eines Wechsels im System der pazifischen Strömungen zwischen El Niño und La Niña konnten die Ozeane mehr Wärme als zuvor absorbieren. Mit anderen Worten: Die Luft erwärmt sich zwar langsamer, aber das gesamte System, bestehend aus Atmosphäre und Ozeanen, nimmt durch den wachsenden Treibhauseffekt ungebremst immer mehr Wärme auf.

In einem Punkt sind sich rund 98 Prozent aller Klimaforscher inzwischen einig: Menschliche Emissionen in die Atmosphäre führen zu einer globalen Erwärmung. Der Anstieg des Meeresspiegels, der nach den Prognosen des neuen Berichtes bis Ende des Jahrhunderts zwischen 28 und 97 Zentimeter betragen wird, stellt eine Bedrohung für Millionen Menschen dar. Zwei Drittel der weltgrößten Metropolen wie New York, Tokio oder Mumbai sind direkt von den Auswirkungen des Klimawandels bedroht.

 

Nächste Klimakonferenz im November

Die globalen Finanz- und Wirtschaftskrisen haben das Thema in der öffentlichen Wahrnehmung seit 2007 merklich abgekühlt. Auch auf politischer Ebene ging es zuletzt schleppend voran – ein Fehler, findet Stefan Rahmstorf: "Die Politik müsste die Begrenzung des Klimawandels endlich wieder ganz oben auf die Agenda setzen. Ich halte das 2-Grad-Ziel für notwendig, um große Risiken zu vermeiden. Was aber bislang politisch getan wird, reicht dafür bei Weitem nicht aus."Die nächste Klimakonferenz findet vom 11. bis 22. November in Warschau statt. Dann wird sich zeigen, ob die Regierungen ihr selbst gestecktes Ziel, die Erderwärmung auf maximal zwei Grad bis zum Jahr 2050 zu begrenzen, wieder energischer verfolgen. Der aktuelle Weltklimabericht legt es ihnen ohne Wenn und Aber nahe.

 

 

 

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© André Madaus